Forschung im Zeichen des Terrors
Seit den Anschlägen vom 11. September, seit den Bomben von Madrid und London ist der Anti-Terror-Kampf trauriger Alltag in den westlichen Gesellschaften geworden. Die Bedrohungslage hat sich verändert und die EU rüstet auf. Neue Technologien sollen helfen, Terroristen frühzeitig zu erkennen und richtig zu reagieren.
Stahlbetonträger für die innere Sicherheit
Ein alter Steinbruch an der deutsch-schweizerischen Grenze dient dem Fraunhofer Verbund Verteidigungs- und Sicherheitsforschung als Sprengplatz und Testgelände. Die Gebäudeschutz-Spezialisten des Instituts beraten die Bundesregierung und die Wirtschaft bei Neu- und Umbauten so genannter „kritischer Infrastruktur“.
Hochgeschwindigkeitskameras zeichnen auf dem Testgelände die Versuche auf. Im Computer lassen sich so Strömungsfilme generieren, die den Verlauf von gefährlichen Druckwellen und ihre Zerstörungskraft zeigen. Selbst der Verlauf von Druckwellen innerhalb von Gebäuden kann simuliert werden.
So kann in einer Versuchsanordnung untersucht werden, wie sich Stahlbetonstützen als Teil eines Bauwerks bei terroristischen Ereignissen durch Sprengstoff verhalten. Der Beton wird in diesem Falle einfach rausgeblasen, weil er sich spröde verhält. Und es bleiben dann nur die Stahlstreben übrig, die einer weiteren vertikalen Belastung nicht mehr standhalten können.
Ein Einsturz von Gebäuden lässt sich aber verhindern. Die deutschen Forscher empfehlen schon bei der Planung von so genannter „kritischer Infrastruktur“ eine neuartige Verbundstütze einzusetzen. Sie besteht aus einem Stahlgehäuse mit eingegossenem Beton. Solche Stützen sind sehr viel effizienter als Stahlbeton.
Sicherheit am Flughafen
Flughäfen sind ein mögliches Ziel für Attentäter. Dort versammeln sich große Menschenmassen. Das macht diese Orte verwundbar. Kaum verwunderlich also, dass gerade an solchen Orten über neue Techniken zur Gefahrenabwehr nachgedacht wird.
Am Fraunhofer Institut für Informations- und Datenverarbeitung wird ein neues Frühwarnsystem getestet, der Quadrocopter. Die Drohne soll den Angreifer verfolgen – Angeblich, ohne dass die Terroristen es merken und ihre Bombe etwa zu früh zünden. Ein Flug, 50 bis 60 Meter über der Zielperson ist kein Problem. Hochempfindliche Sensoren lösen einen Alarm aus und melden die Position des Angreifers. Die über GPS und Funk gesteuerte kleine Drohne kann Infrarot- und Normalbildkameras tragen. Gleichzeitig sendet sie die Videodaten in Echtzeit direkt an einen digitalen Lagetisch im Controllcenter.
Am Lagetisch können mehrere Experten gleichzeitig eine Flut von Live-Daten bearbeiten. Das Management großer Datenmengen wird so in Krisensituationen viel einfacher. Eine Mustererkennungs-Software erlaubt bei Tag & Nacht das Tracking bewegter Objekte. Noch wird der Quadrocopter von Menschenhand gesteuert – in Zukunft soll die Drohne ihr Ziel selbstständig verfolgen können.
Doch Attentäter verstecken sich nicht zwangsläufig. Das Zeitalter der Selbstmordanschläge stellt ganz neue Anforderungen an die Sicherheitskontrollen. Die Arbeitssituation des Sicherheitspersonals ist oft geprägt durch Stress und Hektik. Das Gefahrenpotential durch Sprengstoffe verdoppelt die Anforderungen und es ist schwierig, im Röntgenbild Sprengstoff zu identifizieren.
Wenn unser Reisegepäck am Flughafen in einem großen schwarzen Loch verschwindet, wird es mit Röntgenstrahlen durchleuchtet. Die neueste Gerätegeneration nutzt gleich vier Röntgenquellen und kann auch Flüssigkeiten entdecken. Die Röntgenstrahler erzeugen damit mehrere unabhängige Bild- und Datenergebnisse. Dadurch gelingt eine Sprengstoffdetektion die auf der rechnergenerierten Bestimmung des relativen Atomgewichts und der Dichte der Materialien basiert. Für die optische Gepäckprüfung stehen dem Sicherheitspersonal zwei Bildergebnisse zur Verfügung. Sie bieten die detaillierte Darstellung des Gepäckinhalts aus zwei sich deutlich unterscheidenden Perspektiven.
Triacetontriperoxid oder TATP
Das Fraunhofer Institut für Chemische Technologie ist das einzige Sprengstoff-Institut der Bundesrepublik. Hier werden verschiedenste Sprengstoffe hergestellt, um ihre spezifischen Eigenschaften und Sprengwirkungen zu studieren. Ganz oben auf der Forschungsliste: Triacetontriperoxid oder TATP.
Dieser Stoff wird von Terroristen überall auf der Welt eingesetzt. Die unscheinbaren weißen Kristalle, die wie Zucker aussehen, haben fast die gleiche Sprengwirkung wie TNT. Er löste die verheerenden Verwüstungen bei den Anschlägen in Madrid und London aus.
TATP ist sehr instabil und braucht keinen Zünder zur Detonation und die einzelnen Zutaten zur Bombe sind frei verkäuflich. Bis heute existiert keine einfache und genaue Methode, um TATP außerhalb des Labors zweifelsfrei und schnell zu identifizieren. Das soll sich nun ändern. Eine verräterische Eigenschaft von TATP versuchen die Wissenschaftler für ein neues Detektionsverfahren zu nutzen. TATP verdampft sehr leicht. Wenn man einen TATP Kristall einfach liegen lässt, dann ist der nach zehn Minuten verschwunden. An Orten an denen TATP vorkommt gibt es eine gewisse TATP geschwängerte Luft. Diese kann man beispielsweise mit Infrarotstrahlen die Luft durchleuchten und dann sehen, ob sich Substanzen in der Luft befinden, die kritisch sind.
Die Laserspezialisten des Fraunhofer Verbundes Sicherheitsforschung haben Jahrzehnte lange Erfahrung in der Produktion von hoch spezialisierten Infrarot-Lasern. Nun hoffen sie, mit Infrarotstrahlen den Terroristensprengstoff in der Luft nachweisen zu können. Das hört sich einfacher an, als es ist. Selbstmordattentäter sollen vor einer Explosion innerhalb einer Menschenmasse oder an einem Checkpoint nur aufgrund der TATP Ausdünstungen identifiziert werden können. Die Freiburger Festkörperphysiker glauben mit ihren ultraempfindlichen Infrarot-Lasern das Problem der berührungslosen Sprengstoffdetektion lösen zu können. Kleine Infrarotlaser, die ihren Frequenzbereich stufenlos verschieben können sind vielleicht die neue Schlüsseltechnologie bei der berührungslosen Detektion von Sprengstoffen.
Detektion entfernter Objekte
Auf dem Wachtberg bei Bonn arbeiten Wissenschaftler der „Forschungsgesellschaft für Angewandte Naturwissenschaften“ im Auftrag der Bundeswehr an der Detektion entfernter Objekte. Sie können mit einer 34 Meter durchmessenden Parabolantenne Spionagesatelliten und Weltraumtrümmer aufspüren – die qualitativ hochwertigen Radarbilder gibt es sonst nur bei der NASA.
Das „Radar-Teleskop“ kann noch in einer Entfernung von mehr als 1000 Km ein Objekt von 6 cm Größe entdecken und abbilden. Mit dem Radar lassen sich kleinste Objekte auch in größter Entfernung erkennen. Nun wollen die Radarexperten den Nahbereich aufklären. Ein neues Radarsystem soll auch unter der Kleidung Waffen und Sprengstoff erkennen. Dazu werden am Freiburger Institut für Angewandte Festkörperphysik Einzelstücke für den Anti-Terror-Kampf hergestellt. Technische Kleinode, die nur wenige Labore auf der Welt produzieren können.
Im elektromagnetischen Spektrum findet man im Frequenzband zwischen Radio- und Mikrowellen auf der einen und infrarotem- und sichtbarem Licht auf der anderen Seite die so genannten Terahertz-Strahlen. Viele undurchsichtige Materialien sind in der Terahertz-Region transparent. Leider gibt es für diesen Frequenzbereich nur sehr wenige Strahlungsquellen. Strahlen im Terahertz-Bereich ermöglichen die Sicht durch die Kleidung, aber nicht in den Körper hinein, also genau in den Bereich, den andere Strahlungen nicht darstellen können. So lassen sich Gefahrstoffe, sei es Waffen, sei es Sprengstoff oder auch anderes, entdecken.
Das IAF gehört zur den wenigen Forschungsinstituten weltweit, das Strahlungsquellen im unteren Terahertzbereich zur Detektion von verdeckten Waffen herstellen kann. Mit dieser Technologie sind die Wissenschaftler in der Lage, für ihre Kollegen vom Bonner Wachtberg eines der kleinsten Radare der Welt zu bauen.
Die Wissenschaftler nutzen einen völlig ungefährlichen, schmalen Radarstrahl, der theoretisch noch in 30 Metern Entfernung Waffen und Sprengstoff unter der Kleidung erkennen kann. Die Hoffnung: Selbst innerhalb von großen Menschenmengen könnten sich auf Distanz waffentragende Personen identifizieren lassen. Doch erst in Kombination mit einem Videobild lassen sich die bunten Pixel zuordnen.
Der führende Gepäckdurchleuchter Smiths-Heimann hat bereits einen neuen „Personenscanner“ auf dem Markt. Im Unterschied zur Radar-Methode setzt das TADAR keine eigene Strahlung ein, sondern nutzt die natürlich vorhandene Eigenstrahlung des Körpers.
Und hier noch eine Slideshow vom Dreh…