Abenteuer Wissen: Wie funktioniert Geld? Gier: Die Psychologie des Geldes

Von Geld, Gier und Glück: Wie funktioniert Geld? Gier: Die Psychologie des Geldes

„Geld regiert die Welt“. Doch die wenigsten Menschen kennen sich mit den Regeln des Geldsystems aus, obwohl es entscheidenden Einfluss auf unser Leben hat. Abenteuer Wissen will den Geheimnissen des Geldes auf die Spur kommen.

  • Sendung vom 19.08.2009

Früher überragten die Kirchen die Städte, heute wachsen die Türme der Banken in den Himmel. Money makes the world go round: Geld machen, Gewinn, Profit, alles dreht sich darum. Doch alles hat auch seinen Preis – die Kehrseite der Medaille.

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Ist die Börse ein Casino?

Aller Wirtschaftswissenschaft zum Trotz: In Geldfragen agieren Menschen hochgradig irrational. Die Mechanismen bei Spielern im Casino und bei Brokern oder Bankern sind tatsächlich oft deckungsgleich. Seit Jahren beschäftigen sich Wissenschaftler mit den psychologischen Strukturen der Finanzwirtschaft und deren Akteuren. Viele Börsianer brauchen das Adrenalin beim Handel wie Süchtige. Geld bringt genau die Areale in Wallung, die auch auf Primärreize wie Sex, Nahrung oder Drogen anspringen und eine Art Gier auslösen.

Nervenkitzel mit Suchtpotenzial

Banker und Börsenzocker im Aktienhandel: (Hier geht´s zum Film)

Seit Jahren beschäftigen sich Wissenschaftler mit den Strukturen der Finanzwirtschaft und deren Akteuren. Die psychologischen Mechanismen bei Spielern im Casino und bei Brokern oder Bankern sind oft deckungsgleich. Viele Börsianer suchen beim Handel den Adrenalinkick wie Süchtige. Geld und Gier wirken in Gehirnregionen, die auch auf ursprüngliche Reize wie Sex, Nahrung oder Drogen reagieren.

In vielen Casinos hat so mancher schon Haus und Hof verspielt. Aber nun auch in Banken und Börse? Das schnelle Geld, hohe Gewinne können zu spekulativen Börsengeschäfte verführen. Je mehr Risiko, desto höher ist der Profit. Ein Kreislauf, der zur Sucht werden kann.

Suchtpotential

Der Psychologe Werner Gross beschäftigt sich seit Jahren mit psychologischen Strukturen von Spielern – und mittlerweile auch von Aktienhändlern. Zahlreiche gescheiterte Broker sind bei ihm in Behandlung. Das Spekulieren an der Börse kann zur Sucht werden, vergleichbar mit pathologischem Spielerverhalten.

Werner Gross: „Zwischen Spielern und Brokern gibt es eine Gemeinsamkeit: Sie sind meistens Reizsucher. Das heißt, Leute, die Spaß am Stress haben, die stressverliebt sind und immer auf der Suche nach dem Kick sind. Im Grunde so ein Stück Lust an der Angst. Es geht ja ganz konkret ums Geld. Aber was mindestens genau so wichtig ist, ist dieser innere Erregungszustand, diesen Rauschzustand und das suchen viele, sowohl Börsianer, Broker wie auch Spieler.“

Dieser innere Erregungszustand, die euphorische Hoffnung auf einen satten Gewinn und die Angst vor Totalverlust bedienen den Nervenkitzel und das Suchtpotential. Die Chance auf weitere Profite steigert die Gier. Es entsteht eine Art Börseneuphorie. Manche nehmen sogar Kredite auf, um Verluste wieder auszugleichen. Der Gewinn scheint immer in greifbarer Nähe. Das Risiko ist ausgeblendet.

Das Geld als Droge

Bei stoffgebunden Süchten entsteht eine psychische und physische Abhängigkeit wie bei Alkohol, Medikamente oder Drogen. Bei stoffungebundenen Süchten geht es um Verhalten wie Arbeiten, Essen, Lieben oder Spielen. Bei Börsenjunkies löst der Gewinn kurzzeitig die nervliche Anspannung. Es werden Endorphine ausgeschüttet, die ein Wohlgefühl verursachen. Bei den schnellen Börsengeschäften gewöhnt sich der Körper an den erhöhten Endorphinspiegel und dieser Zustand wird immer wieder angestrebt. Die Endorphine werden zur körpereigenen Droge. Hier liegt die Parallele zur Drogensucht.

Das Geld wirkt in diesem Fall wie eine Droge. Viele Broker brauchen den Adrenalinkick beim Handel wie Süchtige. Solange sie auf der Siegerstraße sind, erleben sie eine tiefe Befriedigung. Doch ist ihr Job plötzlich weg, leiden sie nicht nur unter der Arbeitslosigkeit. Viele haben regelrechte Entzugserscheinungen. Seit der Krise suchen deshalb immer mehr Finanzjongleure die Hilfe von Psychologen. Die Geschichten der Patienten gleichen sich. Es sind Menschen, die täglich Millionen gewonnen oder verloren haben.

Bei Menschen in Daueranspannung geht es um Macht, den Rausch des Erfolges – und um das nagende Gefühl der Bedeutungslosigkeit nach dem Absturz. Laut Werner Gross betreiben etwa zehn Prozent der Broker ihre Arbeit wie Spielsüchtige. Menschen verhalten sich in Geldfragen irrational, ob an der Börse oder im Casino. Ist es die Aussicht auf hohe Gewinne, die Unvernunft provoziert? Die Chance ohne großen Aufwand viel Profit zu machen, lässt die Bedenken schwinden. Inzwischen zählen auch kleinere Anleger, die sich verspekuliert haben, zu den Klienten der Schuldnerberatungsstellen.

Bei Menschen in Daueranspannung geht es um Macht, den Rausch des Erfolges – und um das nagende Gefühl der Bedeutungslosigkeit nach dem Absturz. Laut Werner Gross betreiben etwa zehn Prozent der Broker ihre Arbeit wie Spielsüchtige. Menschen verhalten sich in Geldfragen irrational, ob an der Börse oder im Casino. Ist es die Aussicht auf hohe Gewinne, die Unvernunft provoziert? Die Chance ohne großen Aufwand viel Profit zu machen, lässt die Bedenken schwinden. Inzwischen zählen auch kleinere Anleger, die sich verspekuliert haben, zu den Klienten der Schuldnerberatungsstellen.

Mithilfe der funktionellen Magnetresonanz- tomographie werden die unterschiedlichen Funktionen der verschiedenen Hirnareale sichtbar gemacht. Die Versuchspersonen müssen während der Experimente verschiedene Anweisungen befolgen. So können die Forscher sehen, welche Hirnregionen aktiv sind.

Der Proband Urs hat seit vier Stunden nichts getrunken und er hat Durst. Im MRT zeigen die Forscher ihm zunächst Bilder von erfrischenden Getränken. Anschließend muss er per Knopfdruck verschiedene Symbole richtig zuordnen. Ob er links oder rechts drücken muss, vielleicht sogar doppelt, muss er selbst herausfinden. Nur wenn er richtig reagiert, wird er auch belohnt. Über eine speziell gesteuerte Pumpe erhält er dann Fruchtsaft – nur einen Milliliter. Das reicht, um im Gehirn sein Belohnungssystem zu aktivieren. Der Wunsch nach schneller Belohnung lenkt nun sein Verhalten.

Prof. Thomas Münte: „Wir sehen Hirngebiete dann aufleuchten, wenn der Proband gierig ist. Und das Interessante ist, dass wir jetzt die Wechselwirkung zwischen den einzelnen Hirnarealen untersuchen können.“ Die wichtigsten Strukturen des Belohnungssystems liegen in der vorderen Hirnrinde. Hier wird auch der Botenstoff ausgeschüttet, der für das so genannte Glücksgefühl sorgt.

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