Gestatten, Leutnant Cemal Özdemir!

 

Lt. Cemal Özdemir - ein deutscher Soldat
Lt. Cemal Özdemir – ein deutscher Soldat

Gestatten, Leutnant Cemal Özdemir, IT Offizier der Bundeswehr. Luftwaffe, genauer gesagt. Geboren und aufgewachsen in Berlin-Kreuzberg hat sich Cemal nach der Lehre als IT-Techniker entschieden zur Bundeswehr zu gehen. Er hat wie alle als einfacher Soldat angefangen und sich über die Feldwebelausbildung und drei Auslandeinsätze in Afghanistan hindurch bis zum IT-Offizier hochgedient. Cemal ist genauso Deutsch wie Jérôme Boateng, der auch in Berlin geboren wurde und in unserer Fussball Nationalmanschaft in der Abwehr großartiges leistet. Im Juni hofft er zusammen mit seinen Kumpels Mesut Ösil, Lukas Podolski und Sami Khedira nach dem WM-Titel 2014 auch noch den Titel des Europameisters für Deutschland zu holen.

Jerome Boateng

Jérôme Boateng

 

Nun hat Alexander Gauland, Vize Chef der Partei Alternative für Deutschland in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung zum Nationalspieler Boateng erklärt, “ Die Leute finden ihn als Fussballspieler gut, aber wollen einen Boateng nicht als Nachbarn haben“.

Boateng-Gauland

Auch meine Familie trägt den guten Ashanti-Namen Amoateng. Jérôme Boatengs Vater, ebenfalls ein stolzer Ashanti und mein Vater kommen beide aus Kumasi, Ghana und unsere Mütter sind beide gebürtige Deutsche, wie ihre Söhne auch. Was bedeutet Alexander Gaulands Beobachtung für nicht-ethnische Deutsche, besonders wenn Sie für Deutschland eine Uniform tragen, gleich ob als Soldat oder im Trikot der Deutschen Fussball Nationalmannschaft?

Eines ist jedefalls sicher: Die Deutsche Fussball Nationalmannschaft ist deutlich vielfältiger als die Bundeswehr. In meiner Dokumentation „Bedingt Einsatzbereit“ – Erstausstrahlung am 9. Juni 2016, um 20:15 auf 3sat, berichte ich über die erste Studie überhaupt, die den Migrationshintergrund von Soldaten erfasst. Die ersten Zahlen deuten darauf hin, dass 15,5 % aller Soldaten einen Migrationshintergrund haben. Eine überdurchschnittlich hohe Zahl, denn in Deutschland haben „nur“ 11,3 % der deutschen Bevölkerung, oder 9 Millionen Menschen, einen Migrationshintergrund. Ist die Bundeswehr als fein raus? Nicht so schnell.

Bei genauerer Betrachtung der Zahlen, stellt man fest, dass von den 15,5 % der Soldaten mit Migrationshintergrund, 73 % ihren Migrationshintergrund als Spätaussiedler aus Russland- oder Rumänien oder als deren Kinder erworben haben, mithin ethnisch authochtone weiße Deutsche sind, die nach 1950 zugewandert sind. Das zeugt zum Einen von einer enormen Integrationskraft der deutschen Streitkräfte, aber zum anderen eben auch davon, dass 96% aller deutschen Soldaten ethnisch weiße Deutsche sind. Vielfalt sieht anders aus. Die Bundesrepublik Deutschland sieht anders aus. Und die deutschen Streitkräfte refelktieren diese Vielfalt nicht. Im Gegenteil: Kaum eine westliche Armee ist ethnisch so homogen wie die Bundeswehr. Warum?

Wenn man bedenkt, dass wir Milliarden von Euros jedes Jahr in die Bundeswehr stecken, damit die Armee neben den großen Themen Verteidigung und Auslandeinsätzen auch noch die soziale Mobilität von Soldaten gewährleisten kann.  Wenn wir sehen, dass die Streitkräfte, zuletzt immerhin 178.000 Männer und Frauen, in der Lage sind große Integrationsleistungen zu vollbringen, dann frage ich mich: Warum dienen so wenige ethnische Minderheiten in der Bundeswehr? Will man die nicht? Oder glaubt man auch ohne Vielfalt in den Streitkräften auszukommen? Was steckt dahinter?

Ich habe mein ganzes Leben als Staatsbürger gegen Demagogen wie Alexander Gauland gekämpft und dafür gestritten, damit wir Afro-Deutsche als Deutsche Bürger unsere Rechte wahrnehmen können. Bedeutet das nicht auch, dass wir das deutsche Militär für ethnische Minderheiten öffenen müsssen. Vielfalt ist keine Floskel. Wir alle müssen Vielfalt leben. Auch in der Bundeswehr.

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