Ein Film von John A. Kantara
31.05.2012, 20.15 Uhr auf 3sat
45. Min.
Die Ökonomie der Globalisierung ändert sich rapide. Grund dafür sind technische, klimatische und finanzielle Umwälzungen. Selbst in Schwellenländern steigen die Energie-, Transport- und Arbeitskosten ständig.
Wettbewerbsvorteil nicht bei den Kosten suchen
Im Bremer Land werden seit über 400 Jahren Felder und Wiesen von der Familie Schäfer bewirtschaftet. Früher hatten sie Milchkühe, Schweine und Weizen. Doch vor einigen Jahren beschloss Bauer Schäfer, sein Geld nicht mehr mit Vieh und Getreide zu verdienen, sondern mit Biogas.
Mehr als 170.000 Tiere tummeln sich bei 31 Grad Celsius und über 80 Prozent Luftfeuchtigkeit in den übereinanderliegenden seichten Wasserbecken. Futterrückstände und die Ausscheidungen der Garnelen müssen sorgfältig aus dem Wasser gefiltert werden.
Die Garnelen leben in einer perfekten Symbiose mit den Mikroorganismen im Wasser. Nach zwei Jahren Tüftelei und etlichen Fehlschlägen schaffen die Bremer Garnelenbauern eine Jahresproduktion von acht Tonnen. Jede Woche liefern sie in ganz Deutschland bis zu 200 Kilo aus. Der Erfolg findet Nachahmer: Fünf weitere Zuchtanlagen sind bereits in Deutschland in der Planung. Bauer Heinrich Schäfer hat der Globalisierung mit einer Idee ein Schnippchen geschlagen. Er kann das Kilo Garnelen für 39 Euro verkaufen. Seine Nische beschert ihm satte Gewinne.
Grenzenlose Dienstleistung
Wer in den Luxushotels am Potsdamer Platz übernachtet, bekommt jeden Tag frische Wäsche. Handtücher und Bettwäsche werden täglich nach Polen transportiert und dort in einer Großwäscherei gewaschen – das spart 10 Cent pro Hotelzimmer. Kann das nachhaltig und umweltschonend sein?
Die Wäscherei ist aus Sicht des Geschäftsführers Franz-Josef Wiesemann eine Erfolgsgeschichte der globalisierten Dienstleistungen. Schon gibt es Pläne, eine weitere Großwäscherei an der Ostsee zu bauen. Die Luxushotels von Rostock und Warnemünde lassen auch ihre Wäsche bei Fliegel waschen. Doch Polen ist längst kein Billiglohnland mehr.
Lebensmittel aus der Metropole
Während Europa mit einem Überangebot kämpft, verdirbt ein Großteil der Nahrungsmittel in Entwicklungsländern auf den langen Transportwegen. Dabei wollen immer mehr Mäuler gestopft werden. 2050 werden etwa 9 Milliarden Menschen auf der Erde leben, mehr als 70% in immer größer werdenden Städten.
Das Kreislaufsystem reduziert den Wasserverbrauch um 80 bis 90 Prozent. Bananen und Kaffee gedeihen im Gewächshaus prächtig mit Fischdünger, ohne dass die Frucht nach Fisch schmeckt. Dazu wird permanent die chemische Zusammensetzung des Wassers automatisch kontrolliert und gesteuert. Bekommen die Pflanzen zu wenige Nährstoffe, müssen die Fische öfter gefüttert werden. Mehr Exkremente bedeuten mehr Dünger. Besteht die Gefahr der Überdüngung der Pflanzen, müssen die Fische fasten.
Idee aufmerksam geworden. Die Mälzerei der Schultheiss-Brauerei stand Jahre lang leer. Im Hinterhof der Malzfabrik steht nun der Prototyp einer integrierten Stadtfarm. In einem umgebauten Überseecontainer werden Fische gezüchtet. 49 Karpfen im unteren Fischtank düngen frisches Obst und Gemüse im oberen Teil des Containers. Danach wird das von den Pflanzen gesäuberte Wasser den Fischen wieder zugeführt. So liefert der Container schon jetzt über 200 Kilogramm Gemüse und 60 Kilogramm Fisch im Jahr.
Regional = flexibel und zuverlässig
Die globale Logistik ist Teil der weltweiten Wertschöpfungskette. Die deutsche Automobilindustrie ist dafür ein sehr gutes Beispiel. Die meisten Unternehmen sind von einem komplexen und eng verzahnten Netz von Zulieferungen „just in time“ abhängig.
Kaum ein Unternehmer mag über seine Globalisierungsflops reden. Einer der wenigen ist ein bayrischer Autobauer aus Waldmünchen. Dort werden seit über 20 Jahren Aufbauten für Abschlepp- und Bergungsfahrzeuge entwickelt und gebaut. Angelockt von den niedrigen Lohnkosten verlagerte der Betrieb in den 90er Jahren einen Teil seiner Produktion ins nahe gelegene Tschechien. Doch 2006 hat Geschäftsführer Werner Eichenseher die Fabrik in Tschechien geschlossen. Der doppelte Verwaltungsaufwand und die Transportkosten waren einfach zu hoch.
Bildung, Forschung, Entwicklung schaffen Wohlstand
Die Rahmenbedingungen der Globalisierung ändern sich. Neue, Technologien schaffen neue Produktionsmöglichkeiten. Es klingt banal und ist trotzdem zentral: Bildung, Forschung und Entwicklung sorgen für Innovationen und Arbeitsplätze in den Regionen.
So genannte 3D Drucker drucken nicht mit Tinte, sondern mit Pulvern auf Polymer- oder Metallbasis. Die Form und Materialeigenschaften des Endproduktes sind digital gespeichert. Eine Software schickt diese Informationen scheibchenweise an den 3D Drucker. Dort wird das Produkt Schicht für Schicht ausgedruckt und das Pulver durch einen Laserstrahl gesintert, das heißt so stark erhitzt, dass es zusammenbackt.
Gleichzeitig räumt die neue Technik mit dem klassischen Dogma des Industriezeitalters auf, das darauf abzielt, nach nur einem Muster möglichst viele identische Bauteile an einem Ort herzustellen. Lasersintern erlaubt es, in einem Fertigungsprozess viele Varianten zu fertigen. Und das an jedem Ort, an dem ein solch vergleichsweise kleiner 3D-Drucker steht.
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Veröffentlicht von John Kantara