Bizeps, Trizeps & Co. – Wie unsere Muskeln unser Leben beeinflussen

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Graphik: Ezra Tsegaye

Sendedaten:

31.05.2010, 21.30 Uhr

06.06.2010, 15.55 Uhr

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Unser Stoffwechsel und unsere Muskeln haben sich seit 10.000 Jahren nicht verändert. Sie sind für körperliche Hochleistung ausgelegt und nicht dafür gemacht, den ganzen Tag fast ohne Bewegung zuzubringen.

 

Viele Menschen strengen sich nur noch selten körperlich an. Die Folge: Bluthochdruck, Depressionen, Diabetes, Fettsucht, Heuschnupfen, Krebs. Und das hat wiederum etwas mit den Muskeln zu tun. Bislang galten die 640 Muskeln im menschlichen Körper als passive Befehlsempfänger. Neue Forschungen zeigen jedoch, dass die Fasern eine weit wichtigere Rolle spielen.

Muskeln senden eine Vielzahl von größtenteils noch unerforschten Botenstoffen aus und kommunizieren mit anderen Organen. „Der menschliche Skelettmuskel ist das wichtigste Stoffwechselorgan und bestimmt die Qualität und Dauer unseres Lebens“, weiß Professor Heiko K. Strüder vom Institut für Kreislaufforschung und Sportmedizin an der Deutschen Sporthochschule in Köln.

Schlau, gesund und glücklich durch Bewegung?


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Bewegung – ein evolutionäres Bedürfnis

 

Welche Rolle spielen unsere Muskeln für unsere Gesundheit? Wie wirkt sich körperliche Anstrengung auf unsere Organe aus? Erste Antworten auf diese Fragen suchen wir im Medizinhistorischen Museum der Universitätsklinik der Berliner Charité.

 

Detlev Gantens Interesse gilt der evolutionären Medizin. Der Arzt, Pharmakologe und ehemalige Chef der Charité will wissen, wieso viele Krankheiten nur in unseren sogenannten entwickelten Gesellschaften auftauchen.

Detlev Ganten, Pharmakologe, Charité Berlin:

„Die Naturvölker mussten ihre Nahrung erjagen, erlaufen, erarbeiten. Die waren beständig in Bewegung, von morgens bis abends. Und wir haben uns seit der Steinzeit in unserer Biologie nicht verändert. Die Art, wie wir leben heute in unserer Zivilisation, diese Kluft, die bewirkt, dass wir die sogenannten Zivilisationskrankheiten haben. Wir bewegen uns nicht mehr, wir verbrauchen keine Energie mehr, jedenfalls viel zu wenig. Wir sind übergewichtig, bekommen Diabetes, bekommen hohen Blutdruck, Hirnschlag, Nierenversagen, Herzversagen, Herzinfarkt, das sind die Zivilisationskrankheiten, und die können wir vermeiden.“

Dreieinhalb Stunden körperliche Anstrengung pro Woche

 

Wir leben also im Ungleichgewicht mit unseren evolutionären Bedürfnissen. Nun weiß auch Detlev Ganten, dass wir nicht wieder zurück in die Steinzeit können. Ihm geht es um einen gesunden Lebensstil in unserer Wohlstandsgesellschaft. Massenstudien haben bewiesen: Normalgewichtige Nichtraucher können ihr Risiko an Zivilisationskrankheiten zu leiden, um enorme 78 Prozent senken.

Die Voraussetzung: Mindestens dreieinhalb Stunden körperliche Anstrengung pro Woche. Dazu viel Obst und Getreide, aber wenig Fleisch essen. Doch wer lebt schon so gesund? Und was hat das mit unseren Muskeln zu tun?

Skelettmuskeln sind konstruiert wie mächtige Drahtkabel. In jedem Strang steckt ein weiterer Strang. Erst viele Muskelfasern zusammen ergeben den eigentlichen Muskel, der über Sehnen mit den Knochen verbunden ist. Senden die Nervenenden das Signal zur Kontraktion, greifen in den innersten Strängen, den so genannten Sarkomeren, Gitterfäden ineinander und verhaken sich. Der Muskel zieht sich zusammen.

Die Energie dazu kommt aus Nährstoffen im Blut und aus den Fettreserven des Körpers. Das ist die klassische Funktionsweise der Muskeln. Sie ist seit langem bekannt.

Das wichtigste Stoffwechselorgan

 

Wissenschaftler haben entdeckt, dass die Skelettmuskeln bei körperlicher Aktivität eine Vielzahl von Botenstoffe aussenden, die einen ungeahnten Einfluss auf unsere Gesundheit haben. Jetzt ist man diesem Mechanismus auf der Spur.

 

Das Zentrum der Erforschung dieser geheimnisvollen Botenstoffe liegt in Dänemark. In Kopenhagen wird möglicherweise gerade Medizingeschichte geschrieben. Denn hier hat die Medizinerin Bente Pedersen einen Teil der Sprache der rätselhaften Botenstoffe der Muskeln entschlüsselt.

Botenstoffe „Myokine“

 

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Bente Pedersen ist überzeugt: Der Skelettmuskel ist nicht nur für unsere Bewegung zuständig. Für sie ist er das wichtigste Stoffwechselorgan des Menschen. Die Botenstoffe, die der Skelettmuskel aussendet regulieren auch die Fettverbrennung im Körper. Bente Pedersen hat ihnen den Namen „Myokine“ gegeben.

Die ehemalige Notfallmedizinerin leitet heute das größte Zentrum Dänemarks für Entzündungs- und Stoffwechselkrankheiten. Am Anfang jeder Untersuchung steht eine Maschine, der nicht das kleinste Fettpölsterchen entgeht. Der unbestechliche Scanner liefert genaue Angaben über die Verteilung von Knochen, Muskeln und Fettmasse.

Bente Klarlund Pedersen, Internistin, Reichshospital Kopenhagen:

„Wenn man seine Muskeln nicht trainiert, dann produziert man auch nicht genügend Myokine. Beim Muskeltraining, kommen Myokine aus dem Muskel und beeinflussen alle anderen Organe. Sie gehen zum Fett und verbrennen genau das Fett, dass an den falschen Stellen sitzt. Sie beeinflussen die Gefäße und auch die Leber und halten sie gesund. Myokine beeinflussen sogar das Gehirn und schützen vor Demenz.“

Signalstoffe des Muskels

 

Erst von rund einem Dutzend Myokine ist die Wirkungsweise bekannt. Sie sind Signalstoffe des Muskels und aktivieren die Fettverbrennung. So gibt es hormonähnlichen Myokine, sie regen die Leber zum Abbau der Glukosedepots an und helfen damit der Bauchspeicheldrüse. Auch die Neubildung von Blutgefäßen und Muskelzellen wird durch bestimmte Myokine gefördert. Und viele haben entzündungshemmende Eigenschaften, die Herz- und Kreislauferkrankungen vorbeugen.

Fast 400 verschiedene Substanzen produziert der Muskel. Sie sind Teil eines komplizierten Mechanismus, der tief in die Stoffwechselprozesse des Körpers eingreift. Der Großteil ist jedoch noch unerforscht.

Die körpereigene Gesundheitsfabrik

 

Wir wissen: Sport ist gesund. Wir wissen auch, dass der Mangel an Bewegung die zweithäufigste Todesursache in Europa ist und die Lebenserwartung im Schnitt um fünf Jahre verringert. Wir wissen aber wenig darüber, was genau im Körper passiert.

 

Diese Wissenslücke wollen die dänischen Wissenschaftler nun schließen. Ständig suchen sie nach neuen Forschungsansätzen. So verordneten sie gesunden, jungen, sportlich aktiven Männern die ungesunden Lebensgewohnheiten des Durchschnittsdänen: auf keinen Fall mehr als 1500 Schritte pro Tag gehen.

Auswirkungen von geringer körperlicher Aktivität

 

Nach 14 Tagen werden die Schrittzähler und Beschleunigungsmesser, die Tag und Nacht jede Bewegung der Probanden kontrollierten, ausgewertet. Ein Belastungstest soll die Auswirkungen der geringen körperlichen Aktivität feststellen. Schließlich sind 1500 Schritte umgerechnet nur ungefähr 1,2 km.

Bente Klarlund Pedersen, Internistin, Reichshospital Kopenhagen:

„Gesunde Menschen sind normalerweise jeden Tag aktiv. Wir wollten aber sehen, was passiert, wenn junge gesunde Menschen, faul werden und sich wie chronisch Kranke bewegen, wie etwa Menschen die kurz vor einer Diabetes oder Herzerkrankung stehen. Typischerweise wird die Bewegungsreduzierung ihre Befindlichkeit verändern – sie werden ein bisschen depressiv. Wir suchen nach den Mechanismen warum Inaktivität Krankheiten auslöst.“

Die Auswirkungen des zweiwöchigen Faulseins auf die jungen Männer sind frappierend. Unter Belastung sank ihre Ausdauerleistung schon nach zwei Wochen um über sieben Prozent. Und das Körpergewicht reduzierte sich um 1,2 kg. Was sich positiv anhören mag, ist allerdings in Wirklichkeit ein dramatischer Verlust an Muskelmasse.

Tests mit zucker- und fetthaltigen Lösungen zeigen, dass der Organismus der trägen Probanden Zucker und Fett wesentlich schlechter abbauen kann als zuvor. Die Blutfett- und Blutzuckerwerte sind deutlich gestiegen. Der Körper entwickelt eine Insulinresistenz, das heißt, er benötigt wesentlich höhere Dosen Insulin, um den Blutzuckerspiegel normal zu halten. Mit anderen Worten: Wir können jederzeit eine Vorstufe von Typ-II-Diabetes entwickeln. Durch Nichtstun.

Fett im Bauchraum ist besonders gefährlich

 

Die Schnittbilder aus dem Körperscanner zeigen, dass der Fettgehalt in nur zwei Wochen um 7 Prozent gestiegen ist. Vor allem im Bauchraum. Und dieses Fett ist besonders gefährlich, denn es steht im Verdacht, Auslöser vieler Krankheiten zu sein. Die gute Nachricht ist: Wir können unsere körpereigene Gesundheitsfabrik jederzeit in Gang setzen. Treppensteigen, mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren, Spazierengehen. Denn: Nicht auf sportliche Höchstleistungen und Muskelpakete kommt es an, sondern darauf Bewegung in den Alltag zu integrieren.

Die Evolution ist eigentlich auf Optimierung angelegt. Warum bekommen wir dann heute überhaupt noch Krankheiten wie Diabetes? Die Antwort liegt wiederum in unserer evolutionären Vergangenheit. Unsere Muskeln verwerten nur Zucker aus dem Blut, wenn sie aktiv sind, wenn also Energie verbrannt wird. Nur dann sind sie empfänglich für das Hormon Insulin, das für die Verwertung von Zucker notwendig ist. Bei Inaktivität laufen wir im Energiesparmodus: Statt Zucker abzubauen, werden Fettreserven angelegt. Für unsere steinzeitlichen Vorfahren durchaus sinnvoll. Denn niemand wusste, wann die nächste Jagdbeute erlegt würde.

Ein Überangebot an Nährstoffen

 

In unserer heutigen Zeit steht jedoch Nahrung im Überfluss zur Verfügung und wir bewegen uns kaum noch. Durch das Überangebot an Nährstoffen lagert der Körper Fett ein. Und weil durch unseren Bewegungsmangel der Blutzuckerspiegel ständig zu hoch liegt, überschwemmt die Bauchspeicheldrüse den Organismus Tag und Nacht mit Insulin. Unsere Körperzellen reagieren schließlich nicht mehr auf Insulin, sie werden resistent. Die allzu häufige Diagnose: Typ 2 Diabetes.

Das in Jahrmillionen sinnvoll austarierte System bricht bei unserer modernen Lebensweise binnen kürzester Zeit zusammen. Und auch der Krebs gilt mittlerweile als Zivilisationskrankheit, die bei Naturvölkern viel seltener auftritt. Während in den reichen Industrienationen jede zehnte Frau im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs erkrankt, ist Brustkrebs bei Naturvölkern fast unbekannt.

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Detlev Ganten, Pharmakologe, Charité Berlin:

„Das Erbe des Lebens auf dieser Welt steckt noch im Erbgut, in unseren Genen. Und so fragen wir gewissermaßen die Evolution: was lernen wir daraus? Und daraus lernen wir viel. Daraus lernen wir zum Beispiel, dass wir entstanden sind als Läufer, dass ohne einen guten Bewegungsapparat, der aus Muskeln und Knochen besteht, wir überhaupt nicht lebendfähig wären. Und insofern steckt die Steinzeit uns in den Knochen.“

BDNF – Dünger für das Gehirn

 

Bewegung ist ein Mittel gegen körperliche Erkrankungen. Doch selbst auf unser Gehirn scheinen die Botenstoffe der Muskeln Einfluss zu nehmen. Wissenschaftler erforschen die Auswirkungen körperlicher Aktivität auf das Gehirn. Und fokussieren damit die Sportmedizin neu.

 

Forscher wie Helge Knigge beginnen die genauen Mechanismen allerdings gerade erst zu verstehen. Testpersonen wie Uwe Odenthal helfen ihm dabei. Odenthal gehört zu den klassischen Durchschnittstypen: Anfang vierzig, viel sitzende Tätigkeiten, leicht übergewichtig und völlig unsportlich. Sonst ist er gesund. Helge Knigge hat seiner Testperson ein ehrgeiziges Trainingsziel gesetzt: in 188 Tagen soll Uwe Odenthal fit für den Kölner Halbmarathon sein. Dreimal pro Woche muss er dafür schwitzen.

Helge Knigge, Sportmediziner, Deutsche Sporthochschule Köln:

„Im Bereich Gesundheit galt das Gehirn lange Zeit als ein Gewebe, das durch körperliche Aktivität kaum beeinflusst worden ist. Man war sich aber eigentlich immer klar, dass diejenigen, die körperlich aktiv sind, andere Befindlichkeiten hatten, die sich wohler fühlten. Und dass es da möglicherweise eine Verbindung gibt. Und die Untersuchungen werden diesbezüglich immer eindeutiger. Sodass wir uns gedacht haben, es wäre intelligent mal nachzufragen, wie sich Training auswirkt auf kognitive Funktionen und auf Wohlbefinden.“

Aufbau neuer Nervenzellen und Synapsenverbindungen

 

Helge Knigge und seine Kollegen suchen nach einem geheimnisvollen Stoff im Blut und Gehirn ihrer Probanden: dem Brain Derived Neurotropic Factor, dem so genannten BDNF. Sind unsere Muskeln aktiv, wird im Gehirn, aber auch in den Muskeln, BDNF gebildet. Die erst teilweise erforschte Substanz hat verschiedene Funktionen. Sie regt den Aufbau neuer Nervenzellen und Synapsenverbindungen im Gehirn an. Sie ist also ein regelrechter Dünger für das Gehirn; ohne BDNF würde das Gehirn verkümmern.

Menschen mit Depressionen und Alzheimer haben einen geringeren BDNF-Gehalt im Blut. Die Ärzte beginnen auf diese neuen Erkenntnisse zu reagieren. Rund ein Viertel der englischen Mediziner stellt depressiven Patienten bereits Sportrezepte aus. Und laut neuesten amerikanischen Forschungen senkt schon dreimal die Woche 15 Minuten Spazierengehen das Risiko, an Alzheimer zu erkranken um 30 bis 40 Prozent. Können wir uns also tatsächlich schlau und glücklich trainieren? Und lässt sich das beweisen?

Helge Knigge, Sportmediziner, Deutsche Sporthochschule Köln:

„Wir wollen also schauen, ob körperliche Aktivität im Sinne einer Hochregulation der Ausdauerleistungsfähigkeit positive Effekte auf Wohlbefinden und kognitive Funktionen hat. Zum Beispiel Merkfähigkeit, zum Beispiel Originalität des Gedankens, möglicherweise auch strategisches Vermögen und dererlei. Also eigentlich Kapazitäten, von denen wir bisher immer gedacht haben, man kann sie durch Gedächtnistraining zum Beispiel verbessern. Wir sind aber der Meinung, dass das rein körperliche Training mitunter diese Kapazitäten stark verbessern kann und das hätte natürlich große Auswirkungen auf therapeutische Wege zum Beispiel.“

Ausdauersport führt zu besseren Lernleistungen

 

Die Sportwissenschaftler aus Köln kooperieren mit Neurowissenschaftlern der Universität Bonn, um genau diesen Zusammenhang aufzuklären. Denn schon mehrere Studien haben bewiesen, dass regelmäßiger Ausdauersport zu besseren Lernleistungen führt.

Henning Boecker´s Spezialgebiet ist der Blick ins lebende Gehirn. Er untersucht, ob es tief im Gehirn von Uwe Odenthal und den anderen Teilnehmern der Kölner Marathonstudie Veränderungen durch Sport gegeben hat. Hinterlässt der durch Sport vermehrte Ausstoß von BDNF seine Spuren? Kann ein Couchpotatoe wie Uwe Odenthal nun die Merkfähigkeitstests besser bewältigen als vor der Studie, weil er mittlerweile fit für einen Halbmarathon ist?

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Henning Boecker, Neurologe, Uniklinik Bonn:

„Wir haben gezielt auch Lernen untersucht, wir haben eine assoziative Lernaufgabe durchgeführt, und wir können dann mit der Bildgebung die Hirnaktivität in der Region, von der wir auch wissen, dass dieser Brain Derived Neurotrophic Factor ausgeschüttet wird, nämlich im Hippocampus, untersuchen, und wir hoffen jetzt Unterschiede zwischen diesen beiden Zuständen, also als nicht sportlich aktiver versus sportlich aktiver Proband darstellen zu können.“

Erste Ergebnisse zeigen: Je trainierter die Probanden sind, desto besser schneiden sie bei den Tests ab. Noch sind die Studien nicht abgeschlossen, doch schon heute sind die Vorteile von Ausdauersport offensichtlich.

Henning Boecker, Neurologe, Uniklinik Bonn:

„Wenn Sie längere Zeit Risikofaktoren haben wie Bluthochdruck, Diabetes und andere Risikofaktoren, die sind nicht nur schlecht für Ihr Herz und ihre Gefäße, die sind auch schlecht für ihr Gehirn. Und die beeinflussen ihre Gehirnfunktionen über die Zeit negativ. Wenn sie jetzt anfangen Sport zu treiben, dann verbessern sie diese Risikofaktoren und haben einmal über diese Verbesserung der Risikofaktoren weniger Schädigungen für ihr Gehirn. Gleichzeitig produzieren sie über diese neurothrophen Faktoren neues Hirnwachstum und eine vergrößerte Konnektivität in bestimmten Arealen die sehr wichtig sind für kognitive Prozesse und dadurch profitieren sie letztlich über zwei Wege.“

Auf der Suche nach der Wunderpille

 

Immer mehr Wissenschaftler gelangen zu der Erkenntnis: Wir wären schlau, gesund und glücklich, wenn wir uns genug bewegten. Doch die meisten Menschen tun das nicht. In Deutschland ist über die Hälfte der Bevölkerung übergewichtig. Gibt es Möglichkeiten die Natur auszutricksen?

 

Müssen wir wirklich schwitzen, um die heilende Kraft unserer Muskeln zu aktivieren? Können wir das lästige Training nicht durch die Tricks der modernen Pharmakologie umgehen? Und uns mit Hilfe einer Pille, unseren Wunschkörper designen? Amerikanische Wissenschaftler sind diesen Fragen auf der Spur. Wir besuchen den Herzspezialisten Kenneth Walsh an der Boston University School of Medicine. Er hat eine erstaunliche Entdeckung gemacht.

„Happymeal“ für Mäuse

 

Walsh und sein Team haben Labormäusen einen Genschalter eingebaut, mit dem sie das Gen, das das Muskelwachstum der Tiere steuert, aktivieren können. Dann fütterten sie die Mäuse mit einer extrem fett- und zuckerhaltigen Tiernahrung – eine Art Mäuse „Happymeal“. Die Tiere werden erwartungsgemäß fettleibig, entwickeln nach acht Wochen Diabetes und haben sehr schlechte Blutfettwerte.

Durch die Aktivierung des manipulierten Muskel-Gens wird das Wachstum der so genannten TypII-Muskelfasern angeregt. Diese Muskeln wachsen normalerweise vor allem durch Krafttraining. Nun wachsen den Mäusen Muskeln wie von alleine. Die genetische Vermehrung der Muskeln hat erstaunliche Folgen.

Kenneth Walsh, Kardiologe, Boston University School of Medicine:

„Als wir das Gen in den Muskeln dieser fettleibigen Mäuse anschalteten wuchsen ihre Muskeln und die Tiere wurden stärker. Gleichzeitig verloren sie ihr Fett. Wir haben ausgerechnet, dass sie für jedes Gramm Muskelwachstum ungefähr fünf Gramm Fett verloren haben. Sie reagierten plötzlich wieder auf Insulin und auch ihre Fettleber wurde wieder normal. Unsere Messungen im Labor bestätigten, dass die Tiere im Grunde metabolisch wieder normal sind.“

Gutes Doping?

 

Das Entscheidende: die Tiere wurden „gesund“, obwohl sie weiter fett- und zuckerhaltig ernährt wurden und sich nicht mehr bewegten. Selbst der natürliche Alterungsprozess der Mäuse verlangsamte sich. Pharmafirmen haben großes Interesse an den Forschungen von Kenneth Walsh. Und auch Sportler interessieren sich für die wundersame Vermehrung von Muskelmasse. Müssen wir jetzt, was Doping angeht, umdenken? Doping ist gut für dich?

Kenneth Walsh, Kardiologe, Boston University School of Medicine:

„Es ist nicht so einfach wie Medizin ins Trinkwasser zu geben. Wir hatten diese Mäuse schließlich genetisch manipuliert. Um das bei einem Menschen zu schaffen, müsste dieser auch genetisch verändert werden und das können wir heute einfach noch nicht. Und ehrlich, diese wäre auch keine gute Idee. Das wäre ja so etwas wie Gen-Doping, und das macht heute noch niemand.“

Es wird immer besser sein zu trainieren

 

Auch am Reichshospital in Kopenhagen bleibt die Myokin-Expertin Bente Pedersen skeptisch, ob etwa eine „Sport-Pille“ der Weisheit letzter Schluss ist. Sie glaubt nicht an den Erfolg ohne Mühe. Doch die Forscherin ist optimistisch, was die Myokin-Forschung für neue Therapien bedeuten könnte.

Bente Klarlund Pedersen, Internistin, Reichshospital Kopenhagen:

„Die magische „Sport-Pille“ wäre für viele Leute natürlich sehr verlockend. Aber sie wird nie so gut sein wie tägliches Training. Jedes mal, wenn wir unsere Muskeln belasten, schalten wir mehrere Tausend Gene an – nicht auf einmal, sondern wie bei einem Orchester wird ein Gen durch an anderes aktiviert. Das ist sehr ausgeklügelt. Es wird immer besser sein zu trainieren, als zu versuchen pharmakologisch die Effekte des Trainings nachzuahmen. Und trotzdem bin ich absolut davon überzeugt, dass wir durch das Studium der positiven Effekte die dem Sport zugrunde liegen und die uns vor Krankheiten schützen, auch Medizin entwickeln werden, um den Menschen zu helfen, die selbst keinen Sport treiben können oder durch Inaktivität schon krank geworden sind.“

Wer gesund bleiben will, kommt um Bewegung also nicht herum. Schon unsere Gene wollen, dass wir uns bewegen. Wie wir das tun, ist den Muskeln letztlich egal. Aber wenn wir die hormonelle Funktion des Muskels nicht anregen, kommt es zu dramatischen Fehlfunktionen anderer Organe und schließlich zum Systemversagen.

Wir können die Evolution nicht einfach umgehen. Dazu ist das System Muskel, das sich in Jahrmillionen herausgebildet hat, viel zu komplex. Aber wir können das tun, wozu wir überhaupt Muskeln entwickelt haben: uns bewegen. Am Besten durch eine Kombination von Ausdauer und Krafttraining. So wie bei unseren steinzeitlichen Vorfahren, den Jägern und Sammlern. Denn: Körperliche Aktivität ist nicht nur gesund, sondern langfristig sogar überlebenswichtig.

4 thoughts on “Bizeps, Trizeps & Co. – Wie unsere Muskeln unser Leben beeinflussen

  1. Hallo,
    das Thema fand ich sehr interresant. Bin Medizinstudent im 10 Fachsemester. Ich kann mich noch nicht entscheiden zwischen Sportmedizin und Reha.

    Wo kann ich die Email Adressen finden von der Arbeitsgruppe in Köln?

    Viele Grüße

    Ewa

  2. Diese Sendung zum Myokin fand ich außerordentlich instruktiv und für mich fachlich wertvoll, da wir gerade hier in Bremen ein Gesundheitsprogramm zusammen mit Krankenkasse für Stoffwechselgesundung nach Maßgabe einer Studie der Harvard Universität mit Bestimmung der IgG4 und blutchemischen Daten und dazu passenden persönlich geeigneten Nahrungsmittel für Stoffwechsetherapie einschließlich Bewegungstraining zwischen meiner Praxis und großer Fitness-Sdudien-Kett vorbereiten

  3. Hi I appreciated your article. I think that it is crucial when discussing diabetes to at least refer to natural therapies that have been shown to be effective in controlling high blood glucose. Various natural herbs can be including in a diabetics routine that will help keep a healthy glucose level.

  4. Hallo,

    auch ich fand das Thema hier sehr interessant und lehrreich. Ich bin im 8 Semester auf dem Weg zur Sportmedizinerin.

    Gerne mehr davon.

    Liebe Grüße
    Jess

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