Tabu Inkontinenz
Tabu Inkontinenz, 3sat Wissenschaftsdoku, 2.11. 2017 um 20:15h
Ein Film von John A. Kantara
Mitarbeit Andrea Schuler
Inkontinenz – eine Diagnose, die neben vielen Unannehmlichkeiten vor allem mit Scham behaftet ist. Kann man „es“ riechen? Wie reagieren die Kollegen? Wie die Familie?
Ein Albtraum für alle, die von Blasenschwäche betroffen sind. Die Hersteller von Inkontinenzhilfsmitteln schätzen die Zahl der Betroffenen allein in Deutschland auf über zehn Millionen Menschen. Die Dunkelziffer ist hoch, der Leidensdruck auch, denn viele gehen erst zum Arzt, wenn sich die Inkontinenz nicht mehr verbergen lässt.
Von den in Deutschland mit einer behandlungs- oder versorgungsbedürftigen Inkontinenz lebenden Menschen sind mehr als zwei Millionen älter als 60 Jahre. Mediziner unterscheiden vor allem Belastungs- und Dranginkontinenz. Bei der Belastungsinkontinenz – auch als Stressinkontinenz bezeichnet – ist der Auslöser für den Harnverlust nicht psychischer Stress, sondern körperliche Belastung – schweres Tragen oder auch Husten, Niesen und Lachen. Bei der Dranginkontinenz tritt der Harndrang überfallartig auf. Der Urin geht schwallartig ab, obwohl die Blase noch nicht voll ist.
Inkontinenz tritt in allen Altersgruppen auf. Grundsätzlich sind allerdings Frauen wesentlich häufiger betroffen als Männer, auch im Senioren- und Greisenalter. Die Ursache dafür ist in der Verwundbarkeit des weiblichen Schließmuskelsystems zu suchen.
Durch eine Schwangerschaft oder Geburt wird die Beckenbodenmuskulatur der Frau besonders belastet, was zu unterschiedlich schwerer Inkontinenz führen kann. Deshalb ist bei Blasenschwäche das Training der Beckenbodenmuskulatur oft der erste Therapieansatz. Und zwar beim Mann wie bei der Frau. Wenn das nicht hilft, können operative Eingriffe, wie der Einsatz eines „Blasenschrittmachers“, Linderung bringen. Dennoch sind viele Patienten darauf angewiesen, sich selbst mehrmals täglich einen Einmalkatheter zu legen oder Einlagen und Windeln zu tragen.